SkulpTour München

Hans Kastler (*1931 Klam/Österreich †2016):
Wellen (1972)

Beton, 6 m hoch, 22 m lang, 5 t Stahl, 100 t Beton.
Standort: Olympia-Regattastrecke Oberschleißheim, Tribüne, Dachauer Str. 35. Die Regattastrecke wurde für die XX. Olympischen Sommerspiele 1972 angelegt. Auftrag: Olympia Baugesellschaft OBG

«Kunst muss schon in der Planung eingeplant werden», so Hans Kastler. Seine in die Streben der Tribüne eingewobene Architekturplastik ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Kunst und Architektur zusammenwirken können. Hier das Reih und Glied der Stützstreben-Phalanx des konstruktivistischen Tribünenbaus, dort die biomorph-geschwungene Betonplastik, die sich - einer Schlange nicht unähnlich - um die Balken windet und schlussendlich in einem kühnen Schwung gen Himmel weist. Auf diese Weise begrüßt sie den Besucher, der sich der Tribüne von hinten, vom Besucherparkplatz her, nähert. (Der Blick ist allerdings über die Jahre von hochgewachsenen Büschen verstellt worden.) Kastler und der Architekt, Dipl.-Ing. Michael Eberl, München, gewannen mit dieser Arbeit 1975 gemeinsam den Junior Preis "Kunst und Architektur", Goslar, für die beispielhafte Verbindung von Kunst und Architektur.

Der Architekt wünschte für den langgestreckten Bau, der keinen Anfang und kein Ende nehmen wollte, am süd-westlichen Abschluss einen Eingang. Kastler reagiert mit seinem Entwurf auf Architekturmodelle der Tribüne. Dann musste alles ganz schnell gehen, um die Plastik rechtzeitig zu den Spielen fertigzustellen. Nicht weniger als 20 Zimmerleute arbeiteten am Aufbau von Stahlgerüst und Verschalung, währenddessen Kastler noch über Zeichnungen und Skizzen saß. Die ursprünglich für diesen Auftrag vorgesehene Firma mochte den Auftrag nicht übernehmen, weil "zu kompliziert", ein Polier befand jedoch: "kein Problem"! Die Zimmerleute waren es gewöhnt, genau zu arbeiten. Deshalb gab Kastler die Losung «schlampert arbeiten!» aus, denn sonst wäre es nicht zu der gewünschten Oberflächenstruktur, der Lebendigkeit, gekommen, die für Kastler wichtig war. Aus eben diesem Grund wurden die Oberflächen auch nicht nachgearbeitet, so dass sie noch die Holzmaserung zeigen. Den Unterschied kann man an den vergleichsweise "langweiligen" liegenden Elementen erkennen, die "mit der Maurerkelle" gearbeitet sind.

Kastler - aufgewachsen an einem Bach in Klam (Oberösterreich), wo sein Vater eine Schmiede betrieb - schnitzte mit zwölf Jahren die ersten Schafe aus Holz, besuchte mit 15 Jahren die Steinmetz-Fachschule in Hallein, machte sich mit 24 als freischaffender Bildhauer selbständig ... und ließ erst davon, als er 2014 nach einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzen musste und die rechte Hand nicht mehr bewegen konnte. 2004 wurde er für sein - hauptsächlich figürliches - Lebenswerk mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. An seinem ehemaligen Wohnhaus in Eurasburg-Happerg (Oberbayern) erinnert ein Skulpturenpark, den er selbst anlegte, an ihn.

[Foto: 4/2012 Richard Huber, Wikimedia Commons. Lizenz: Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen]