SkulpTour Kassel

Walter de Maria (*1935 Albany/Kalifornien †2013 Los Angeles):
Vertikaler Erdkilometer (1977)

Der amerikanische Künstler bohrte zur documenta 6 ein 1 km tiefes Loch in die Erde, in das 1 m lange, ineinander gesteckte, massive Messingstäbe von 5 cm Durchmesser in die Erde eingelassen wurden. Finanzierung: Dia Art Foundation, New York. Standort: Friedrichsplatz, Kassel

»Das Land ist nicht Schauplatz des Werks,
sondern Teil des Werks.«
[Walter de Maria (über seine Arbeit 'The Lightning Field')]

»Wie exakt diese Bohrung ins Nervensystem des aktuellen Kunstempfindens vorstößt, demonstrieren Flut und Heftigkeit der Abwehrreaktionen, mit denen unmittelbar nach Bekanntwerden des Plans nicht nur allein die Kasseler Bevölkerung dem Vorhaben Sinn und Kunstwert abspricht. (...) Wenn der Künstler das Endprodukt seiner Arbeit - in gleicher Weise den Prinzipien der Land Art, der Concept Art und der Minimal Art verpflichtet - der Anschauung nahezu vollständig entzieht, um es stattdessen der Imagination zu überlassen, fordert er die Mitproduktivität der Adressaten in einem Maße heraus wie kaum ein anderes Werk der gegenwärtigen Kunstszene. Erst die Diskrepanz zwischen dem Sichtbaren und dem Vorhandenen, zwischen Aufwand und Resultat öffnet den Raum, den De Maria mit künstlerischer Erkenntnis aufgefüllt wissen will; gerade im Auseinanderklaffen von Gewußtem und Wahrgenommenem wird dem Rezipienten eine Eigenleistung abverlangt, über die er nicht nur als gleichberechtigter Partner des Künstlers ernstgenommen, sondern als eigentlicher Ereignisort der Kunstwerks inauguriert wird. Bei der Installation seines Erdachsenfragments verweigert De Maria also das visuelle Erlebnis, um ein interlektuelles zu provozieren; die vergrabene Plastik ist nicht Schauplatz, sondern Denkort.«
[Harald Kimpel, in: Kunst im öffentlichen Raum Kassel 1950-1991]

[Foto: © 10/2011 tew. Alle Rechte vorbehalten]