Die Welt des Karl Prantl

*1923 in Pöttsching (Österreich)  †2010 Pöttsching





Leben und Werk

Der Mann, der mit den Steinen spricht

Nach dem Zweiten Weltkrieg, wo er u.a. auf Kreta eingesetzt war, studiert Prantl von 1946 bis 1952 an der Akademie der Bildenden Künste in Wien Malerei. Schon im Winter 1950/51 entstehen die ersten Skulpturen. Ab 1953 wendet er sich dann allein der Bildhauerei zu. 1957 heiratet Prantl die Malerin Uta Peyrer, deren Werk vom Zen-Buddhismus beeinflusst ist.

Einen 2.60 m hohen Grenzstein für die österreichisch-ungarische Grenze, Auftrag der Landesregierung Burgenland, bearbeitet Prantl 1957-58 direkt im alten Römer-Steinbruch St. Margarethen. Hierbei entdeckt er seine Vorliebe nicht nur für das Material Stein, sondern auch für die Arbeit unter freiem Himmel. Dieser Schritt ins Freie blieb bestimmend für sein Werk.

In der Begründung der Jury für die Preisvergabe des Sparda-Bank-Preises 2006/07 heißt es über Karl Prantl: "[er] hat für die moderne Kunst die Steinbildhauerei zu neuem Leben erweckt". Damit wird insbesondere gewürdigt, dass Karl Prantl 1959 im Steinbruch von St. Margarethen im Burgenland (Österreich) - zusammen mit Friedrich Czagan und Heinrich Deutsch - die Idee des Bildhauersymposiums begründete. Bei einem Bildhauersymposion kommen Bildhauer aus vielen verschiedenen Ländern zusammen, um gemeinsam - meist über Monate hinweg - in freier Natur zu arbeiten. Die Künstler haben dabei Gelegenheit, einander kennenzulernen. Das Internationale Bildhauersymposion St. Margarethen, das bis 1986 fast jährlich wiederholt wurde, wurde, im Besonderen für die Künstler aus dem ehemaligen Ostblock - aus Polen, Ungarn, der Tschechoslowakei - zum Synonym für künstlerische Freiheit.

Die Einladungen mussten notariell beglaubigt sein, damit unsere Kollegen überhaupt aus ihrem Land hinausdurften. Die meisten sind ohne einen Groschen Geld bei uns angekommen. Die Bedingungen, unter denen sie leben mussten, der Druck, ob durch die Ideologie oder Konfession: Das war erschütternd. Uns da zu öffnen, frei zu denken, das war immer meine Triebkraft.
[Karl Prantl]

Die Symposien schufen nicht nur Raum für Begegnung, es entstanden zudem Skulpturen-Ensembles in der Landschaft - wo die Steine im Wechsel des Lichts und im Wechsel der Jahreszeiten eine unvergleichliche Wirkung entfalten. Seine Steine erzählten „von Wolken und Wind, von den Sternen und dem Schnee“, sagte Prantl.

Die Steine sollen dort stehen bleiben, wo sie geschaffen wurden, und für alle Menschen da sein.
[Karl Prantl]

Die Idee des Bildhauersymposions trug Prantl in den folgenden Jahrzehnten in die ganze Welt - vom Sinai über die Ostküste der USA bis nach Indien -, und überall wurde sie aufgegriffen und weitergeführt. Indem sie eine Einheit in Vielfalt bilden, setzen die Symposions-Steine, die in der Landschaft verbleiben, ein Zeichen für die Völkerverständigung.

Die Eigenart seiner Steine...

...in strenger formaler Stringenz zugleich die optische und die taktile Empfänglichkeit des Betrachters anzusprechen und durch das Vollkommene und Lebendige ihrer Gestalt an dessen Inneres, Unbewusstes zu rühren und es zur Stille und Gelassenheit zu führen. [Marlen Dittmann]

Perlenartige Erhebungen sind feinfühlig und erhaben am Rand oder im Inneren der Oberfläche herausgearbeitet, laufen wie geschnürt über den Stein und gehen wieder in ihn ein. Kein zerstörerischer Meißelhieb reißt den Stein auf, sondern die vorsichtig streichelnde Hand des Bildhauers hat die Seele des Steines berührt und geformt. Ganz im Sinne der Erfahrung Constantin Brancusis behandelt Prantl den Stein: "Während du den Stein behaust, entdeckst du den Geist deines Materials und seine besondere Eigenschaft. Deine Hand denkt und folgt den Gedanken des Materials."
[Blickachsen 2, Galerie Scheffel, Bad Homburg]

Ich persönlich meine, dass man mit Steinen leben soll. Steine sollten einem begegnen im täglichen Leben. Die Steine sollen mitten im Leben sein. Der Stein soll das Leben begleiten und aufmerksam machen auf die Dauer, auf etwas, was über unser Leben hinausweist. [Karl Prantl]

Ob tonnenschwere Kolosse oder kleine Meditationssteine - Steine sind für Karl Prantl mehr als ein Material, das er bearbeitet. Sie sind für ihn Anstoß und Ausgangspunkt einer spirituellen Auseinandersetzung. Ohne Skizzen oder Modell bearbeitet Prantl oft jahrelang denselben Stein. Dabei entsteht, wie er sagt, eine starke sinnliche und emotionale Bindung. Karl Prantl lässt den Umriss eines Steines unverändert, die Oberfläche wird poliert, Maserungen freigelegt, Einschnitte, Durchbrüche und Vertiefungen gesetzt. Konkrete Formen vermeidet der Künstler, er setzt auf Abstraktion und Geometrie und auf die Verbindung von Natur und Kunst. Im Gegensatz zu anderen Bildhauern will er, dass seine Steine berührt werden. Die verschiedenen Oberflächen, Lichtreflexionen, Farbveränderungen und Temperaturunterschiede sollen nicht nur vom Auge erfasst, sondern auch von den Händen im wahrsten Sinne des Wortes begriffen werden. Ob schwarzer Granit, grüner Serpentin oder bunter Marmor - jeder Stein hat eine "eigene Sprache, älter als jede Menschensprache, die muss man lernen zu verstehen". Im jahrelangen Entstehungsprozess versucht Karl Prantl, sich auf den Stein einzulassen, wie er sagt, die letzten Geheimnisse des Lebens zu ergründen und „das Göttliche in Gestalt der Natur zu erkennen“. Prantl will, dass seine Steine „von Wolken und Wind, von den Sternen und dem Schnee“ erzählen. [Galerie Ulysses, Wien]

Wenn Sie an diesem Stein Wochen und Monate arbeiten, dann schauen Sie nur in Augen hinein. Werden ständig von Augen angeschaut. Das ist das Depot aller menschlichen Augen. Alle Augenfarben sind in diesem Stein.. [Karl Prantl]



Auszeichnungen und Ehrungen

1962 Deutscher Kritikerpreis (Sparte Bildende "Kunst")
1968 Preis der Stadt Wien für Bildhauerei
1986 Prantl vertritt Österreich auf der Biennale Venedig
2005 Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst
2007 Sparda-Bank Südwest-Preis für Besondere Leistungen der Kunst im Öffentlichen Raum
2008 Großer Österreichischer Staatspreis

Prantl war Mitglied der Wiener und der Münchner Akademie der Künste.







Literatur

[TW 1997] Karl Prantl Steine. Yorkshire Sculpture Park, Schlosspark Ambras. Hrsg. Elisabeth Thoman-Oberhofer und Peter Weiermair; Edition Stemmle, Kilchberg/Zürich, 1997. [Dokumentation zweier außerordentlicher Ausstellungsereignisse: im Yorkshire Sculpture Park 1995/96 sowie im Schlosspark des Tiroler Schlosses Ambras 1996/97 wurden 23 seiner Großskulpturen gezeigt. Herrliche großformatige Fotos in großartigem Naturpark-Ambiente. Mal Herbstbilder, mal Winterbilder. Mit ausführlicher Biographie, Ausstellungs-/Symposionsbeteiligungen]
[DD 2007] Marlen Dittmann, Lorenz Dittmann: Karl Prantl - Grosse Steine und Bildhauersymposien. Jo Enzweiler (Herausgeber); Verlag Galerie St. Johann; 1. Auflage, Saarbrücken, 2007. [Buchbesprechung auf zuzuku]
[Win 2008] Alexander Winter: Der Steinbildhauer Karl Prantl: Werkkatalog 1950 - 2000. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, München, 2008
[Sch 2014] Karl Prantl - Die Sprache der Steine. Hrsg. Klaus Albrecht Schröder, Museum Albertina, Wien, 2014, anlässlich der gleichnamigen Ausstellung vom 17. Oktober 2014 bis 1. Februar 2015




Weiterführende Hinweise







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