Die Welt des Fritz Koenig

*20. Juni 1924 Würzburg †22. Februar 2017 Ganslberg bei Landshut



Leben und Werk

Seine Kindheit erlebt Fritz Koenig in Landshut. Die Erlebnisse während des Zweiten Weltkriegs 1942 bis 1945 an der Ostfront werden sein Werk prägen - es ist ein Werk, das um den Menschen kreist: in der Fragilität seiner Existenz, im Spannungsfeld zwischen Liebe, Tod und Vergänglichkeit.

In den Jahren von 1946 bis 1952 studiert Koenig an der Akademie der Bildenden Künste München bei Anton Hiller. 1957 wird ihm ein sechsmonatiges Stipendiat an der Villa Massimo, Rom, zuteil. 1958 nimmt er an der XXIX. Biennale von Venedig teil, 1959 an der documenta II in Kassel. Seine erste Einzelausstellung hat Koenig noch im selben Jahr in der Galerie Günther Franke, München, seine erste Ausstellung in den USA 1961 in der Galerie Staempfli, New York. Im selben Jahr richtete er sich in Ganslberg bei Landshut eine Werkstatt und ein Pferdegestüt ein. 1964 wurde er auf den Lehrstuhl für Plastisches Gestalten der Technischen Universität München berufen.

Koenigs Werk beginnt gegenständlich, besonders seine Passion für Pferde schlägt sich nieder. In den 1960er Jahren findet er über eine biomorphe Formensprache zur Abstraktion. Ende der 1960er Jahre beschäftigt sich Koenig - u.a. in den Serien "Kore" oder "Säulenkaryatide" - mit der Tektonik des Tragens und Lastens. Ein voluminöser Körper lastet dabei, oft in großer Höhe, auf einem schlanken Säulenkörper. Während allerdings bei den Karyatiden in der griechischen Architektur die weibliche Figur, die die Säule ersetzte, die Blicke auf sich ziehen sollte, interessiert sich Koenig für den Übergang zwischen der Säule und dem getragenen, lastenden Element am Kopfende. Koenig verbindet die beiden Teile durch biomorphe Formenelemente. Die Anmutung des bildhauerischen Geschehens in diesem Übergang schwankt nicht selten zwischen der zarten Kraft sich entwickelnden Lebens einerseits und der erdrückenden, rohen Gewalt der äußeren Kräfte - die sich meist in kantigen stereometrischen Formen manifestieren. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür ist sein Kreuz von 1966, bei dem auch deutlich wird, dass Koenig sich auf den Menschen bezieht [Foto, Foto].

Die Agonie des Lebens und seine Bedrohung durch den Tod ist auch Thema seiner bekanntesten Arbeit, der Brunnenskulptur Große Kugelkaryatide N.Y. (1968-72), die - auf der Plaza des World Trade Centers in New York aufgestellt - das Inferno des 11. September 2001 schwer beschädigt überstand. Sie steht seither als Mahnmal im Battery Park. Die Kugel kann hier ebenso als Weltkugel wie als Totenkopf gelesen werden. Koenig errichtete eigens für diese über 7 m hohe Skulptur auf dem Ganslberg eine neue Werkhalle.

Die wunderbare Arbeit Großes Bouquet III (1967) markiert eine gewisse Befreiung vom Thema Tod, Koenigs Werk entwickelt sich nun hin zu Blüten-Darstellungen ("Große Flora") und dann zu abstrahierten Darstellungen von Liebenden ("Große Zwei"). Zu beiden Themen schuf Koenig je eine ganze Serie von Arbeiten. Meist in Bronze ausgeführt, reduziert Koenig die Gestalt auf einfache geometrische Grundformen wie Kugel, Halbkugel und Kegelstumpf, um die Ausdruckskraft zu steigern.

"Die meisten meiner Arbeiten beinhalten Figürliches, Menschliches und Animalisches. Wollen Figur sein zur Armseligkeit und Größe unserer Existenz. Es geht mir um Formfindungen, die mein Dasein bis an den Rand seiner Fassbarkeit in eine greifbare Bildhaftigkeit bringen. Es geht mir um bildnerische Formulierungen, die unter Belastungen oder Entlastungen wie Angst, Freude, Liebe, Schmerz und Trauer zustande kommen und im Erwecken von Mitgefühl ihre Lebensfähigkeit zeigen."
[zitiert nach: Petra Giloy-Hirtz: Wegweiser Kunst für München im öffentlichen Raum 1972-1997.]

Zu Koenigs ergreifendsten und erschütterndsten Arbeiten zählt sein Epitaph Mahnmal der Bundesrepublik Deutschland (1982) in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen: hier liegt eine einzelne, auf Stangen reduzierte Figur verloren und kalt auf einer riesigen Eisenplatte. Für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin reichte Koenig 1994 einen ähnlich erschütternden Entwurf ein.

Sein Gesamtwerk sowie ihre renommierte Sammlung afrikanischer Kunst stifteten Fritz und Maria Koenig 1993 der Stadt Landshut, die hierfür das Skulpturenmuseum im Hofberg errichtete. Den unterirdischen Museumsbau hatte Koenig selbst mitkonzipiert; er wurde 1995 mit einer großen Retrospektive zu Fritz Koenig eröffnet. Fritz Koenig lebte und arbeitete zeitlebens recht zurückgezogen in Ganslberg bei Landshut, hier entstanden all seine Werke, hier wollte er auch sterben.



Auszeichnungen und Ehrungen

1957 Kunstpreis der Böttcherstraße in Bremen
1958 Skulpturpreis des Internationalen Liturgischen Instituts Rom
Maternitas, deutscher Pavillon, Weltausstellung Brüssel
1960 Förderpreis der Stadt München
1964 documenta III, Kassel
XXXII. Biennale in Venedig
1968 Kulturpreis der Stadt Würzburg
1969 Mitglied der Akademie der Künste Berlin und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München
1993 Bayerischer Maximiliansorden für Kunst und Wissenschaft
1995 Großes Bundesverdienstkreuz
2004 Friedrich-Bauer-Preis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
2009 Verleihung des Bayerischen Architekturpreises und des Bayerischen Staatspreises für Architektur, München


Referenzen und weiterführende Hinweise

[Stiftung] Skulpturenmuseum im Hofberg / Stiftung Koenig, Landshut.
[Foto-Dokumentation von Dr. Heinz Theuerkauf, flickr]
[Damek 74] Fritz Koenig und seine Welt. Film von Dagmar Damek, BR 1974,
Sendung von BR-Alpha am 1. April 2013 (YouTube)
[F.K.] Freundeskreis Fritz Koenig e.V., Landshut
[Schuster 88] Fritz Koenig. Skulptur und Zeichnung. Hrsg. Peter-Klaus Schuster, Prestel Verlag, München, 1988 (anlässlich der Ausstellungen in der Neuen Pinakothek, München, vom 6. Mai - 10. Juli 1988 u. in der Akademie der Künste, Berlin, vom 5. März - 30. April 1989)
[Riedl 03] Peter Anselm Riedl: Einführung. In: Fritz Koenig, Skulpturen, Werkverzeichnis. Hrsg. Dietrich Clarenbach, München, 2003, S. 9-30
[Riedl 04] Peter Anselm Riedl: Fritz Koenig und das Thema der Vergänglichkeit. In: Festschrift, J.A. Schmoll genannt Eisenwerth zum 90. Geburtstag. Hrsg. Winfried Nerdinger und Norbert Knopp, Architekturmuseum der TU München, 2005 (basierend auf einem Vortrag im Skulpturenmuseum im Hofberg, Landshut, vom 28. März 2004)





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